Isenbruch
Westlichstes Dorf Deutschlands

Isenbruch war schon seit dem frühen Mittelalter Grenzort. Es grenzte als zum Herzogtum Jülich gehörig im Südwesten entlang des Rodebachs an die zum Herzogtum Geldern gehörende Enklave Nieuwstadt, die seit dem dreizehnten Jahrhundert bis zum Einfall Napoleons von Jülicher Land umschlossen war. Im Westen Richtung Susteren vom Hause Craenen den Lohgraben entlang bis in das Schalbrucher Bruch bestand allerdings in dieser Zeit keine Grenze. Unser Heimatdorf gehörte wie auch Havert zum Dekanat Susteren und bildetet mit den benachbarten Dörfern im Westen bis zur Maas sowohl kirchlich als auch politisch eine Einheit.
Erst im Jahre 1815 wurden auf dem Wiener Kongress die westlich unseres Ortes gelegenen Dörfer dem Herzogtum Limburg zugeteilt. Dadurch wurde Isenbruch erstmals in der Geschichte von den benachbarten limburgischen Dörfern durch eine Landesgrenze getrennt. Isenbruch ist seit dem mit einer Unterbrechung von 14 Jahren westlichster Ort Deutschlands. Eine Veränderung der Grenzziehung gab es am 23. April 1949. Als Folge des zweiten Weltkrieges wurde der Selfkant unter niederländische Auftragsverwaltung gestellt. Isenbruch war nun plötzlich kein Grenzort mehr. Der Gulden wurde als Zahlungsmittel eingeführt. Die Bevölkerung orientierte sich nun wirtschaftlich wieder stärker zu der Region Sittard. Die Isenbrucher Arbeitnehmer fanden Arbeit bei den Fabriken - wie z. B. Philips und DSM - in den Niederlanden. Die Handwerksbetriebe konnten in dem aufstrebenden limburgischen Grenzraum Aufträge ausführen. Niederländische Viehhändler kamen ins Dorf. Den Landwirten war es jedoch erlaubt, ihre Zuckerrüben weiterhin an die Jülicher Fabrik über die Grenze zu liefern. Die nach dem Krieg notwendigen Baumaßnahmen wurden im niederländischen Baustil durchgeführt und prägen auch heute noch unser Ortsbild. Am 01. August 1963 endete die niederländische Auftragsverwaltung und Isenbruch war wieder der westlichste Grenzort. Am Ortsausgang, vor dem heutigen Dorfplatz, wurde ein Zollhaus für die niederländischen und deutschen Zollbeamten errichtet. Nach dem Bau der neuen Kreistraße "K1" wurde 1977 an der Kreuzung nach Nieuwstadt und Susteren ein neues Zollamt in Betrieb genommen. Am 31. Dezember 1989 wurde das Zollamt geschlossen. Seit dem besteht trotz Grenze freie Fahrt.
Die engen Bindungen im selfkäntisch-maasländischen Raum blieben bis in die heutige Zeit bestehen. Vielfältige freundschaftliche und familiäre Beziehungen bestehen zwischen den Isenbruchern und den Einwohnern der limburgischen Grenzorte. In ca. 30 v.H. aller Isenbrucher Haushalte stammt mindestens ein Familienmitglied aus dem benachbarten Grenzraum. In allen Haushalten der alteingesessenen Isenbrucher Familien können Vorfahren aus den limburgischen Nachbardörfern nachgewiesen werden. Das Selfkant-Platt unterscheidet sich kaum von dem limburgischen Dialekt. Die Isenbrucher Kirmes ist nicht umsonst "weit über die Grenzen" bekannt. Alljährlich besuchen viele limburgische Gäste unsere Kirmes, sei es als Kirmesgäste der Isenbrucher Familien, als Zuschauer unseres Festumzuges oder als Besucher unserer Tanzveranstaltungen auf dem Festzelt. Mit verschiedenen limburgischen Schützenbruderschaften und musizierenden Vereinen findet ein reger Austausch statt. Gerade wegen der engen Beziehungen in unserer Region wurde die willkürliche Grenzziehung im Jahre 1815 sicherlich nicht mit Begeisterung aufgenommen. Sicherlich hat das Dorf dadurch wirtschaftlich mehr Nach- als Vorteile erfahren. Als Vorteile sind höchstens die Erträgnisse aus dem Schmuggel zu sehen, die allerdings aufgrund der politischen Veränderungen im Rahmen der EG der Vergangenheit angehören.
Der westlichste Grenzstein - Nr. 310 - liegt am Hause "Craenen". Das Haus gehörte bis zur Grenzregulierung im Zusammenhang mit der Beendigung der niederländischen Auftragsverwaltung zu Isenbruch. Der angrenzende Kohlenschuppen des Kohlenhändlers "Pier Craene" lag jedoch bereits auf niederländischen Hoheitsgebiet. Nunmehr gehört das gesamte Anwesen zu den Niederlanden. Ein herausragendes und unvergeßliches Ereignis im Zusammenhang mit seiner besonderen Grenzlage erlebte Isenbruch am 8. Januar 1983. An diesem Tag wanderten der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Prof. Dr. Karl Carstens, und seine Gemahlin, Dr. Veronica Carstens, von Waldfeucht über Breberen durch den Selfkant nach Millen. Die Wanderstrecke führte u.a. auch durch das Bruch von Schalbruch nach Isenbruch. In de Isstraot am westlichsten Grenzstein der Bundesrepublik traf der Bundespräsident mit den Bürgermeistern der umliegenden niederländischen Gemeinden zusammen und wurde von ihnen herzlich begrüßt. Der Bundespräsident wurde an dem Tag von ca. 10.000 Menschen auf seiner Wanderung begleitet. Am Straßenrand vor dem Grenzstein wurde ein Gedenkstein eingeweiht. Er soll uns ein Mahnzeichen für eine stets gute friedliche Nachbarschaft in einem vereinten Europa sein.
Mit der Gründung der Tourismus- und Freizeitregion "Der Selfkant" bestehend aus den Gemeinden Gangelt, Selfkant und Waldfeucht sollte touristisch ein höherer Bekanntheitsgrad erreicht werden. Im Rahmen eines Förderprogramms wurde der Ausbau des westlichsten Punktes der Bundesrepublik Deutschland geplant und realisiert. Die Eröffnung erfolgte unter großer Anteilnahme der Selfkantbevölkerung am 20. Juni 2015. Seit dem ist dieses Areal, welches zum Verweilen einlädt und viele Informationen zur geschichtlichen Entwicklung des Selfkantes bietet, täglich Ziel von Besuchern und Gruppen aus nah und fern.